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Aktuelles aus der Entgeltabrechnung zum Coronavirus – „Quarantäne: Anspruch auf Lohnfortzahlung?“ Teil 1

By 15. März 2020März 16th, 2020Aktuelles, Allgemein

Sind Beschäftigte in Folge behördlicher Maßnahmen selbst betroffener Adressat, bspw. durch Quarantäne, stellen sich für den Arbeitgeber folgende Fragen zur Lohnfortzahlung:

  1. Besteht in Folge einer behördlichen Maßnahme, bspw. Quarantäne, ein Lohnfortzahlungsanspruch für betroffene Beschäftigte, wenn diese infolge der Viruserkrankung nicht selbst arbeitsunfähig sind?
  2. Wann ist der Arbeitgeber zur Lohnfortzahlung verpflichtet?
  3. Besteht kein Anspruch auf Lohnfortzahlung, wer kommt dann für den Lohnausfall auf?
  4. Habe Arbeitgeber einen Anspruch auf Erstattung der geleisteten Lohnfortzahlung?
  5. Wenn ja, wem gegenüber?

Wichtiger Hinweis:
Sind von behördlichen Maßnahmen betroffene Beschäftigte selbst durch Arbeitsunfähigkeit infolge der Viruserkrankung an ihrer Arbeitsleistung verhindert ohne, dass sie ein Verschulden trifft, so haben sie iSd. § 3 Abs. 3 S. 1 EntgFG Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen!

Außerdem zu beachten sind:

  • Ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung iSd. § 3 Abs. 1 EntgFG:  Nach § 3 Abs. 3 EntgFG besteht Anspruch auf Entgeltfortzahlung idR. erst nach vierwöchiger ununterbrochener Dauer des Arbeitsverhältnisses. Regeln Tarifvertrag oder Arbeitsvertrag abweichendes zur Wartezeit, besteht der Anspruch auf Entgeltfortzahlung bereits ab Beginn des Arbeitsverhältnisses.
  • Unverschuldete Arbeitsunfähigkeit: Verstoßen Beschäftigte im Rahmen von Privatreisen gegen die Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes, trifft diese ggf. an der Erkrankung / Arbeitsunfähigkeit ein Verschulden und ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung kann ggf. entfallen.

Besteht in Folge einer behördlichen Maßnahme, bspw. Quarantäne, ein Lohnfortzahlungsanspruch für betroffene Beschäftigte, wenn diese infolge der Viruserkrankung nicht selbst arbeitsunfähig sind?

zu 1. Lohnfortzahlungsanspruch für betroffene Beschäftigte?

Grundsatz nach dem Infektionsschutzgesetz (kurz: IfSG)?

  • Erleiden Beschäftigte einen Verdienstausfall, weil diese als Ausscheider, Ansteckungsverdächtiger, Krankheitsverdächtiger oder als sonstiger Träger von Krankheitserregern nach dem Infektionsschutzgesetz (kurz: IfSG) Verboten in der Ausübung ihrer bisherigen Erwerbstätigkeit unterliegen oder unterworfen werden, besteht nach § 56 IfSG Anspruch auf eine Entschädigung in Geld.
  • Gleiches gilt auch für Personen, welche als Ausscheider oder Ansteckungsverdächtige abgesondert wurden oder werden, bei Ausscheidern jedoch nur, wenn sie andere Schutzmaßnahmen nicht befolgen können.
  • Die Entschädigung bemisst sich für die ersten sechs Wochen nach dem Verdienstausfall.
  • Als Verdienstausfall gilt bei Beschäftigten das Nettoarbeitsentgelt.
  • Vom Beginn der siebten Woche an wird die Entschädigung in Höhe des Betrags des Krankengeldes nach § 47 Abs. 1 SGB V gewährt.

Anspruch auf Lohnfortzahlung, nach anderen gesetzlichen Vorschriften?

  • Können die in einem Beschäftigungsverhältnis stehenden Arbeitnehmer, den nach Einstellung der verbotenen Tätigkeit oder bei Absonderung entstehenden Verdienstausfall
    für die ersten sechs Wochen gegenüber dem Arbeitgeber nach anderen gesetzlichen Vorschriften, bspw. nach § 616 BGB oder nach § 19 Abs. 1 BBiG verlangen, entfällt insoweit die Zahlung einer Entschädigung.
  • In diesen Fällen besteht das entgeltliche Beschäftigungsverhältnis für die Dauer der Entgeltzahlung – ungeachtet des Beschäftigungsverbots oder der Absonderung – fort.
  • Dem Arbeitgeber obliegen die üblichen Beitragszahlungspflichten.

zu 2. Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber?

  • Lohnfortzahlungspflicht nach § 19 BBiG „Fortzahlung der Vergütung“:
    Für Auszubildenden ist die Vergütung bis zur Dauer von sechs Wochen auch dann zu zahlen, wenn sie aus einem sonstigen, in ihrer Person liegenden Grund unverschuldet verhindert sind, ihre Pflichten aus dem Berufsausbildungsverhältnis zu erfüllen. Diese Verpflichtung kann weder durch Tarifvertrag noch Ausbildungsvertrag abbedungen werden. D.h. bei Ausbildungsverhältnissen nach dem Berufsbildungsgesetz (kurz: BBiG) muss der Arbeitgeber die Fortzahlung der Ausbildungsvergütung übernehmen. Dies gilt im Übrigen auch dann, wenn in Folge der Schließung von Kindertageseinrichtungen und Schulen, Auszubildende durch die Betreuung ihres Kindes / ihrer Kinder an der Erfüllung ihrer Pflichten aus dem Berufsausbildungsverhältnis unverschuldet verhindert sind.
  • Lohnfortzahlungspflicht nach § 616 BGB „Vorübergehende Verhinderung“:
    Der zur Dienstleistung Verpflichtete wird des Anspruchs auf die Vergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird. Unklar ist unseres Erachtens nach, was ein „verhältnismäßig nicht erheblicher Zeitraum“ in tatsächlicher Dauer bedeutet.
    Ein Anspruch aus § 616 BGB „Vorübergehende Verhinderung“ kann durch arbeits- oder tarifvertragliche Vereinbarungen eingeschränkt oder sogar vollständig ausgeschlossen sein.