Auskunftsanspruch des Betriebsrats – BAG-Beschluss vom 9.4.2019, 1 ABR 51/17
Leitsatz des BAG
- Umfasst ein allgemeiner Auskunftsanspruch des Betriebsrats nach § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG eine besondere Kategorie personenbezogener Daten (sensitive Daten im datenschutzrechtlichen Sinn), ist Anspruchsvoraussetzung, dass der Betriebsrat zur Wahrung der Interessen der von der Datenverarbeitung betroffenen Arbeitnehmer angemessene und spezifische Schutzmaßnahmen trifft.
Aus den Entscheidungsgründen
- Bei der Weitergabe sensitiver Daten an den Betriebsrat hat der Arbeitgeber die Beachtung des in § 26 Abs. 3 Satz 3 iVm. § 22 Abs. 2 BDSG geregelten Gebots angemessener und spezifischer Schutzmaßnahmen nicht in der Hand.
- Ihm sind hierauf bezogene Vorgaben an den Betriebsrat aufgrund dessen Unabhängigkeit als Strukturprinzip der Betriebsverfassung verwehrt (vgl. ausf. BAG 11. November 1997 – 1 ABR 21/97 – zu B III 2 c aa der Gründe, BAGE 87, 64).
- Daher hat der Betriebsrat bei der Geltendmachung eines auf sensitive Daten gerichteten Auskunftsbegehrens das Vorhalten von Maßnahmen darzulegen, welche die berechtigten Interessen der betroffenen Arbeitnehmer – vorliegend der ihre Schwangerschaft mitteilenden Arbeitnehmerinnen – wahren.
- Den Betriebsrat trifft insoweit, unabhängig davon, ob er iSv. Art. 4 Nr. 7 DS-GVO Teil der verantwortlichen Stelle (so zB Bonanni/Niklas ArbRB 2018, 371; Gola/Pötters DSGVO Art. 88 Rn. 38; Gola/Gola DSGVO Art. 4 Rn. 56) oder gar Verantwortlicher (so zB Kurzböck/Weinbeck BB 2018, 1652, 1655; Kleinebrink DB 2018, 2566; Wybitul NZA 2017, 413 f.) ist, eine spezifische Schutzpflicht.
- Der bloße Umstand, dass die betroffenen Arbeitnehmerinnen der Information des Betriebsrats über ihre Schwangerschaft widersprochen haben, steht der verlangten Datenübermittlung hingegen nicht entgegen.
- Zwar gewährt Art. 18 Abs. 1 Buchst. d DS-GVO den von einer Datenverarbeitung betroffenen Personen unter bestimmten Voraussetzungen das Recht, die Einschränkung der Verarbeitung zu verlangen, wenn sie hiergegen nach Art. 21 Abs. 1 DS-GVO Widerspruch eingelegt haben.
- Die Voraussetzungen des Widerspruchsrechts nach Art. 21 Abs. 1 DS-GVO sind vorliegend aber schon deshalb nicht erfüllt, weil die Offenlegung der Daten gegenüber dem Betriebsrat nicht auf der Grundlage von Art. 6 Abs. 1 Buchst. e oder f DS-GVO, sondern von Art. 9 Abs. 2 Buchst. b DS-GVO iVm. § 26 Abs. 3 BDSG erfolgen würde.
Quelle: BAG-Beschluss vom 9.4.2019 – 1 ABR 51/17 – Auskunftsanspruch des Betriebsrats